Mit Burn-out ist nicht zu spaßen. Wenn ein Tiefpunkt erreicht ist und man sich nicht mehr selbst helfen kann, sollte man sich professionell helfen lassen. Burn-out muss trotzdem kein schweres Schicksal sein, auch wenn viele andere Autoren diesbezüglich eine entgegengesetzte Meinungen vertreten. Am Ende ist es aber nicht die Masse, die die Lebensumstände positiv gestaltet, sondern einzelne Menschen, also Leistungsträger in allen privaten und geschäftlichen Lebensbereichen. Und genau diese Leistungsträger und Kreativen sind die von Burn-out am häufigsten Betroffenen. Eine therapeutische Behandlung von Burn-out mit dem Grundgedanken des Mainstreams des Behandlungsangebotes, dass die Behandlung eben schwierig und langwierig sein müsse, bedeutet für den betroffenen Leistungsträger, sich dem Selbstverständnis derjenigen anzuschließen, die möglicherweise keine Leistungsträger sind.
Der folgende Fall soll diesen Zusammenhang erläutern: Eine Klientin kam zur Behandlung von Burn-out in meine Praxis, weil die Banken ihrem Unternehmen die Pistole auf die Brust gesetzt hatten und in dieser schwierigen Zeit ihr Vater, der Gründer des Unternehmens und ihr Mentor, überraschend verstorben war. Die Klientin litt vor allem an schwerer Erschöpfung, unter Schlafstörungen und unter Minderwertigkeitsgefühlen, weil sie „nichts mehr gebacken“ bekam. Die therapeutische Leistung bestand darin, die Klientin in Bezug auf die anstehenden geschäftlichen und privaten Entscheidungen innerlich stark zu machen. Im Ergebnis entwickelt die Klientin heute ihr Unternehmen zuversichtlich strategisch weiter, hat aus der vorübergehenden Niederlage Kraft geschöpft, sie fördert die verbliebene Familiengemeinschaft, kann sich bei Bedarf erholen und wieder gesund schlafen. Über die wenige Monate dauernde therapeutische Zusammenarbeit hinweg entwickelte sie darüber hinaus ein kreatives Konzept, das ihrem Unternehmen eine Position der Stärke gegenüber Banken auch in der heutigen Situation ermöglicht.
Diese Unternehmerin hätte auch auf einen Berater treffen können, der sie davon überzeugt hätte, dass die drastischen Ereignisse in ihrem Leben ein Hinweis darauf seien, sich anderen Zielen zuzuwenden, bspw. auszusteigen. Wahrscheinlich hätte diese Klientin in der Folge immer mit dem Gefühl aufgegeben zu haben innerlich gerungen – weil sie ihren Kampf nicht zu Ende geführt hat. Das Aussteigen läuft einem nicht weg und fällt leichter, wenn man die eigenen Aufgaben erledigt hat.
Burn-out Prophylaxe 1: die Kernbereiche unseres Selbst leben
Die Vorbeugung von Burn-out gelingt, wenn wir die Kernbereiche von dem, was wir sind, von unserem Selbst, leben:
- Wir wollen wir selbst sein, also authentisch
- Wir wollen mit unserer Umwelt positiv verbunden sein
- Wir wollen gestalterischen und konstruktiven Einfluss auf diese Umwelt ausüben.
Burn-out ist dadurch gekennzeichnet, dass wir in mindestens zwei dieser Bereiche deutliche Beeinträchtigungen verspüren. Können wir alle drei Bereiche voll ausleben, dann würden viele von uns sagen, dass sie Erfüllung erleben und glücklich sind.
Wenn wir also den Eindruck haben, dass wir nicht zu 100 % so, wie unser Ideal, sein können, dann sollten wir uns fragen, welche spezifischen Aspekte von unserem Selbst wir noch nicht entwickelt haben. Wenn wir unsere Authentizität zu 100 % mit Leben erfüllt haben, dann sind wir positiv mit der Welt verbunden und haben gestalterischen Einfluss auf unsere Umwelt.
Eine vollständige Entwicklung unserer spezifischen Authentizität ist also eine wirksame Selbsthilfe bei Burn-out. Das Schöne an der Authentizität ist außerdem, dass jeder von uns ein bisschen anders ist. Und keine Herausforderung im Leben gleicht einer andern vollständig. Es gibt also genug Platz und Aufgaben für jeden von uns!
Burn-out Prophylaxe 2: auf den Körper achten
Kulturell sind wir alle so geprägt, dass unser Körper leisten muss, was wir uns vorstellen und denken. Unser Körper muss den Wettbewerb um Ansehen, Kompetenz und Geld austragen.
Es ist allerdings eine Tatsache, dass unser Körper nur beschränkte Kräfte hat und unsere Vorstellung größer sein kann, als unsere körperlichen Kräfte. Wenn wie die Kräfte unseres Körpers mit unseren Vorstellungen überfordern, zeigt sich durch unangenehme Körperempfindungen, Symptome, dass eine Grenze erreicht ist. Die bekanntesten Symptome sind Herzrasen, Muskelanspannung, Schwitzen, flaches Atmen und Mundtrockenheit, ohne dass sich unser Körper in irgendeiner anstrengenden Leistungssituation befindet. Meistens werden diese Zustände von negativen Emotionen begleitet, also Ängsten, Ärger, Wut, Ohnmacht und Erregung oder Erregbarkeit. Dazu gehören auch ein unruhiger Schlaf, gelegentliches Zittern und nervöse Muskelzuckungen. Diese Symptome signalisieren die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit. Wenn man diese Signale missachtet, etablieren sich Körperzustände, die uns krankheitsbedingt langsamer machen.
Die oben beschriebenen Symptome sind also ein Hinweis darauf, für eine geraume Zeit langsamer zu werden und sich mehr Zeit für Erholung zu nehmen. So erholt man sich in wenigen Tagen oder Wochen (eine vergleichsweise kurze Zeitspanne im Verhältnis zu einer länger andauernden Erkrankung!), um dann wieder uneingeschränkt leistungsfähig zu sein. Die Welt dreht sich auch dann weiter, wenn wir unsere körperlichen Grenzen beachten und bei Bedarf etwas langsamer machen!
Burn-out Prophylaxe 3: bewusster in der Gegenwart leben
Das „bewusste Leben in der Gegenwart“ wird häufig auch ein bisschen geheimnisvoll dargestellt. Dabei ist das Thema nicht wirklich kompliziert.
Vergegenwärtigen Sie sich dazu nur, was Sie an sich beobachten können:
- Meistens denken wir (nicht bewusst) über irgendetwas nach, was wir in der Vergangenheit verpasst haben oder was wir in der Zukunft befürchten
- Meistens führen wir (nicht bewusst) emotional geprägte innere Dialoge mit Menschen, die physisch nicht anwesend sind, in denen wir zur Sprache bringen, was wir im tatsächlichen Dialog nie aussprechen würden
- Wir lenken unsere Gedanken nicht sondern lassen sie kreisen
- Und alle ähnlichen Zustände
Diese Zustände sind ein Indiz dafür, dass wir nicht in der Gegenwart sind. Stattdessen findet eine unterschwellige Gehirnaktivität statt. Dieser Zustand ist ähnlich wie ein Traum.
Wenn wir stattdessen wirklich bei uns sind, in unserem Körper, dann sind wir in der Gegenwart. Dann fliehen wir innerlich vor nichts und kämpfen innerlich mit niemandem. Wir nehmen nur wahr, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen und wir bewerten nicht durch unsere konditionierte Verstandesaktivität (Meinungen, die wir meistens von anderen ungeprüft übernommen haben). Wir handeln in diesem Zustand in gewisser Weise ruhig, ungeplant und spontan – ohne Kopfkino. Das ist das Leben in der Gegenwart. Das Schöne an dieser Art zu leben ist, dass sich durch Üben ein Vertrauen in die eigenen Kräfte entwickelt, auch wenn man mit dieser Vorgehensweise einmal reinfallen kann. Man erfährt am Ende, dass eigentlich nichts dagegen spricht, immer wieder aufzustehen, wenn man einmal gefallen ist – der Rest ist Kopfkino!