Katerk

Der verstorbene Kater

Unser innerer Psychologe, eine Art Seelenführer nach dem Archetypus nach C. G. Jung, ist die förderliche Interpretation von Ereignissen in unserem Leben, die mehr oder weniger leicht von der alltäglichen Erfahrung abweichen und uns veranlassen, darüber zu berichten. Beim nochmaligen Revue passieren lassen oder Erzählen der Geschichte entsteht häufig eine interessante Erkenntnis, die uns weiterhilft und tiefgreifend sein kann.

Der innere Psychologe und ein Trauerfall

Von den insgesamt 5 Katzen eines Rentners war der Kater als letzte Katze gestorben, für ihn überraschend. Weil er an dem Tier hing, war er ziemlich betroffen und sehr traurig. Er würde sich auch wegen seines hohen Alters keine Katzen mehr zulegen. Er beschloss dem Tier die letzte Ehre zu erweisen und es in seinem Schrebergarten zu begraben. Er legte dazu den toten Kater in einen offenen gebrauchten Karton und stellte diesen auf dem Rücksitz seines Autos ab.

Dann fuhr er an eine Tankstelle. Als er vor der Zapfsäule seinen Motor abgeschaltet hatte, bewegte sich plötzlich ein kleines Auto an der Zapfsäule vor ihm rückwärts auf sein Auto zu. Das sah nach einem Auffahrunfall aus! Er begann zu schreien und wild zu gestikulieren, doch weil die Fensterscheiben seines Autos geschlossen waren, konnte man ihn außerhalb wohl nicht hören.

Das kleine Auto fuhr weiter und verfehlte sein Fahrzeug nur um Haaresbreite… Erst dann bemerkte der Fahrer des kleinen Autos, was los war – und würgte seinen Motor ab. Der Rentner stieg aus seinem Fahrzeug aus und wollte seinem Unmut Luft machen. Vor allem rechnete er damit, sich wieder einmal eine dumme Ausrede anhören zu müssen…

Aus dem kleinen Auto stieg eine Frau mittleren Alters und sagte, noch ehe der Rentner zu Wort kommen konnte, völlig aufgeregt: „Entschuldigen Sie, es tut mir wirklich leid. Ich habe Ihr Fahrzeug nicht gesehen. Ich bin so froh, dass nichts passiert ist.“ Dabei ging sie auf das Fahrzeug des Rentners zu und fragte neugierig, was in dem Karton auf dem Rücksitz lag. Der Rentner erklärte, dass dies sein verstorbener Kater sei und bekam angesichts des toten Tieres Tränen in die Augen, weil ihm der Verlust immer noch so zu Herzen ging.

Da meinte die Frau ziemlich keck, dass er doch glücklich sein könne überhaupt eine so schöne Zeit mit seinem Tier verbracht zu haben, nicht jeder Mensch würde das erleben. Er solle doch nicht traurig und stattdessen lieber froh sein!

Der Rentner war zunächst unsicher, ob er sich über das leichtfertige Geplapper der Frau ärgern sollte oder nicht. Aber plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Natürlich fehlte ihm sein Kater, sogar sehr. Aber er hatte plötzlich auch das gute Gefühl, seine Zeit mit einem wunderbaren Gefährten geteilt zu haben. Und daran würde er sich immer erinnern können. Dafür konnte er sogar dankbar sein. Und dieses Gefühl richtete ihn wieder auf. Ob die Zukunft so einsam werden würde, wie er befürchtete, müsste sich da erst noch zeigen.

So bekam der Rentner seine Zuversicht wieder, auch wenn der Kater nicht wieder lebendig wurde.