DSC00477kleinBurn-out und die damit verbundenen körperlichen Symptome sind kein Problem unserer modernen Welt! Hinweise auf das Ausgebranntsein gibt es bspw. schon in dem Drama Romeo und Julia von William Shakespeare, in dem Romeo aus der unerfüllbaren Liebe zu Julia körperliche Schmerzen erleidet. Nach der griechischen Sage wurde Sisyphos von den Göttern dafür, dass er die Machenschaften des Gottvaters Zeus verraten hatte, dazu verdammt, auf ewig einen gewaltigen Stein den Berg hinaufzurollen, also die sprichwörtliche Sisyphusarbeit zu verrichten (sinnlose schwere Tätigkeit ohne Ende). Und auch Prometheus wurde dafür, dass er den Menschen das Feuer brachte, von Zeus bestraft: Ohne Nahrung, Wasser und Schlaf musste er für seine Tat angekettet an einen Felsen leiden, und ein Rabe fraß täglich neu seine immer wieder nachwachsende Leber, ein Symbol für die hilflose Schwäche des Unterlegenen und Verlierers.

Der Zusammenhang zwischen unliebsamen Erfahrungen und deren Auswirkungen auf den Körper ist seit Jahrtausenden bekannt. Er wurde um 1900 in die Naturwissenschaften wieder eingeführt mit dem Bedeutungskontext „Überarbeitung und früher Tod“. In der Novelle „A Burnt-Out Case“ wurde 1960 von Graham Green das Urbild des Aussteigers gezeichnet, der das als sinnlos wahrgenommene Leben im zivilisierten Amerika zurücklässt und seinen Lebenssinn in der Hilfe von notleidenden Menschen in Afrika findet. Die weniger akuten Burn-out Fälle nutzen das Sabbatical – die Auszeit – als Rückzug für eine tiefe Neuorientierung.

Burn-out – überwältigende Wirkungslosigkeit

Allen beschriebenen Beispielen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen in einem Zustand überwältigender Wirkungslosigkeit befinden und sich maximal gestresst fühlen. Die psychologische Selbstregulation ist ihnen abhanden gekommen, der Glaube daran, etwas Positives mit den eigenen Kräften bewirken zu können, entglitten.

Burn-out ist ein Zustand der Fremdbestimmtheit und des Ausgeliefertseins, in dem auch jede normale Anforderung schon zur Überlastung wird. Der Zustand wird als Hamsterrad beschrieben, ohne Entscheidungsfreiheit. Die Erschöpfung kennt im Burn-out keine Erholung. Sinnlosigkeit und Bedeutungslosigkeit blockieren Willen und Motivation bis zur Bewegungsunfähigkeit.

Krankheit als Folge der Wahrnehmung unseres Ichs

Jeder von uns kennt das Phänomen: Wir sehen im Fernsehen einen Gruselfilm. Wir sitzen sicher in einem bequemen Sessel, völlig ohne Gefahr. Und trotzdem beginnt unser Herz vor Schreck – ob der gruseligen Szenen im Film – heftig zu pochen und unsere Hände und unsere Stirn werden feucht vom Schweiß, den uns die Angst aus den Poren treibt. Unser Kopfkino führt offenbar zu Reaktionen unseres Körpers bzw. definitiv zu Zellreaktionen!

Burn-out und Adrenalin

Der oben beschriebene Zustand hat viel Ähnlichkeit mit dem, was Menschen mit Burn-out erleiden. Das Kopfkino beim Burn-out hat eine überwältigende Wirkungslosigkeit in einem Lebensbereich zum Thema. Die dadurch entstehenden Stresszustände, wie bspw. im beginnenden Burn-out, sind durch erhöhte Adrenalinausschüttung gekennzeichnet. Diese Adrenalinausschüttung führt zu den körperlichen Zuständen, die dem oben dargestellten Gruselfilm ähnlich sind. Unser Ich nimmt dabei die unseren Körper belastenden Lebensumstände bewußt und unbewußt wahr und versucht sich an diese Umgebung bestmöglich zu adaptieren: durch Erstarrung, Kampf- oder Fluchtbereitschaft. Diese Adaptation erfolgt überwiegend unter dem Einfluss von Adrenalin, dem möglicherweise wichtigsten Stressbewältigungshormon.

Im fortgeschrittenen Stadium von Burn-out sind allerdings die Reserven für Adrenalin erschöpft. Die Serumwerte von Adrenalin fallen unter die Norm und unseren Körper befällt eine Art Antriebslosigkeit. Eine Adaptation an die Umgebung wird immer weniger möglich. Es entsteht ein Konflikt zwischen der Welt, mit ihrem Bedarf an positiver Gestaltung, und der subjektiven Wahrnehmung, einen schwindenden Einfluss auf diese Welt zu haben.

Burn-out und Acethylcholin

Der komplette Burn-out ist durch ein deutliches Übergewicht des Neurotransmitters Acethylcholin im Verhältnis zu Adrenalin bzw. Noradrenalin gekennzeichnet. Acethylcholin fördert bei uns u.a. die Schmerzempfindung. Mit den seelischen und körperlichen Schmerzen im Burn-out vermittelt Acethylcholin ein Signal mit der Aufforderung, dass wir unser Leben retten sollen, an unseren Körper. Wir sind damit aufgefordert, eine Veränderung unserer äußeren Lebensumstände herbeizuführen. Der Betroffene vermeidet diese Veränderung aber meistens aus wirtschaftlichen Gründen.

Cortisol und Energielosigkeit im Burn-out

Vor allem die fortgeschrittenen Zustände von Burn-out sind auch durch eine überdurchschnittlich hohe Konzentration des Hormons Cortisol gekennzeichnet. Es fördert die Freisetzung der Energiereserven des Körpers (Gluconeogenese), verhindert, dass neue Energiereserven aufgebaut werden (Hemmung der Lipogenese) und baut unsere Muskeln ab. Diese Zusammenhänge geben Einblick in das Symptom der Energielosigkeit im Burn-out.

Sinken die Cortisolspiegel im Laufe der normalen Schwankungen während eines Tages, wird der Überschuss an Glucose im Serum förmlich in die Zellen „geschossen“ mit dem Ergebnis, dass Heißhunger entsteht. Unter erhöhten Cortisolspiegeln besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko durch die Hemmung der Bildung von Leukozyten und Lymphozyten. Erhöhte Cortisolspiegel steigern die Wassereinlagerung im Körper und den Blutdruck. Erhöhtes Cortisol hat viele weitere negative Auswirkungen auf unsere Körpergesundheit, deren Darstellung an dieser Stelle zu weit führen würde.

Burn-out – Hormone und Neurotransmitter

Die verminderte Konzentration von Adrenalin und die vermehrte Konzentration von Cortisol beim Burn-out führen insgesamt zu einer Vielzahl kompensatorischer Veränderungen bei Neurotransmittern und Hormonen. Dazu gehören: Dopamin, Serotonin, Oxytocin, GABA, Noradrenalin, Tyroxin, DHEA, 5-HT (Hydroxy-Tryptophan), Prohormone der Nebennieren und ev. auch eine vermehrte Sexualhormonbildung.

Burn-out aus Sicht des Psychologen

Man kann Burn-out natürlich mit der Substitution von Hormonen, Vitaminen und Mineralstoffen behandeln und sollte das auch tun, weil ein Mangelzustand vorliegt. Das fühlt sich für die meisten Menschen anfangs gut an, denn dadurch werden störende Symptome schwächer. Derselbe Anfangserfolg entsteht auch durch Kraft-Ausdauer Sport: Diese Art von Sport erschöpft die Reaktionsbereitschaft unseres Körpers auf negative Emotionen und vermehrt die körperlich wohltuende Endorphin Ausschüttung.

Der Mangel dieser Ansätze bei der Burn-out Therapie liegt darin, dass die Ursachen des damit einhergehenden Kopfkinos unverändert aktiv bleiben. An dieser Stelle ist deshalb unbedingt Psychotherapie bzw. psychologische Beratung entscheidend. Es besteht die Aussicht, dass diese Verfahren durch Einsicht eine Änderung in der subjektiven Sichtweise der furchtbaren Wirkungslosigkeit im Burn-out herbeiführen können.

Eine bessere psychologische Lösung bei Burn-out

Letztlich bleibt allerdings die Krux der verbreiteten Psychotherapie bestehen: Einsicht verändert Verhalten meistens weit weniger, als man sich das wünschen würde. Es wäre doch zu schön, um wahr zu sein: Was man einsieht, würde man auch tun! Doch gerade für den Konflikt zwischen der grundsätzlichen Bereitschaft, einer Einsicht folgen zu wollen, und der Fähigkeit, diese Einsicht auch in die Tat umzusetzen („Wollen und Können trennt das Meer“…), gibt es heute funktionierende psychologische Lösungen. Das Ego ist nicht in Stein gemeißelt, auch wenn wir das befürchten und aus den Versuchen, unsere Einsicht in die Tat umzusetzen, so vermuten würden.

Wenn diese psychologischen Ansätze zur Anwendung kommen, normalisieren sich die aus dem Lot geratenen biochemischen Faktoren einfach deshalb, weil sich das Kopfkino wieder normalisiert. Solche Ansätze vermindern also die großen und langwierigen Aufwände für die Substitution mit Nahrungsergänzungsmitteln, Sport und letztlich persönliches Leid erheblich, weil sie die Ursache behandeln.