Wenn wir über unseren Partner nachdenken, fallen uns auch dessen Schwächen auf. Unser Partner (Frau oder Mann)

  • Erfüllt vielleicht unser Schönheitsideal nur zum Teil
  • Kann sich in der Gesellschaft vielleicht nicht gut bewegen
  • Ist nicht so fleißig, wie er sein sollte
  • Liebt andere Dinge als wir
  • Erfüllt unsere Wünsche nicht ausreichend
  • Erzieht die Kinder anders, als wir uns das wünschen
  • Ist aus unserer Sicht vielleicht krank und geht nicht zum Psychologen oder Arzt
  • Ist aufbrausend
  • Schränkt unseren Spielraum ein
  • Hat eine nur wenig gesellschaftsfähige Vergangenheit
  • Hat öfter eine andere Meinung
  • Gehört einem Glauben an, den wir ablehnen
  • Ist zu dumm
  • Ärgert uns, ohne das er/sie das beabsichtigt
  • u.v.a.

Der ideale Partner kann unsere Beziehung leider nicht retten

Wenn wir einen solchen Status mit unserem Ideal von einer Partnerschaft vergleichen neigen wir dazu, eine negative Bilanz für unsere aktuelle Beziehung zu ziehen. Wir meinen, dass das Leben es nicht gut mit uns meint, weil wir einen nur teilweise idealen Partner haben. Wir beginnen uns von der Realität zu verabschieden und träumen: Was wäre, wenn ich den idealen Partner hätte??? Wir beginnen scheinbar rechtschaffenen Ärger darüber zu empfinden, dass unser aktueller Partner nicht ideal ist und lassen uns im Umgang mit ihm deshalb gehen. Und irgendwann bestrafen wir unseren Partner, weil er nicht unserem Ideal entspricht. Die Folge ist eine belastete Beziehung, eventuell sogar eine Trennung. Das ist mit viel Leid verbunden.

Der permanente Vergleich mit dem idealen Partner und das Spiel mit dem Gedanken „Wie wäre meine Beziehung, wenn ich den idealen Partner hätte“ scheint uns der Tatsache zu entheben, unseren Partner zumindest als Mitmensch zu lieben und zu respektieren. Dieser selbst ausgestellte Freibrief kann ein ziemlich egoistisches Motiv haben: Wir erwarten eine liebevolle Rundum-Versorgung durch unseren Partner. Wird dieser Wunsch nicht erfüllt, dürfen wir protestieren, wie ein kleines Kind, das gerade seinen Schnuller nicht bekommt… Tatsächlich sind wir allerdings keine Kleinkinder mehr, sondern erwachsen, nicht wahr?

Die Vorstellung vom idealen Partner und der Vergleich mit unserer aktuellen Beziehung wird also eine Beziehung nicht retten und sie eher zerstören.

Ein Psychologe erläutert warum

Stellen wir uns vor, dass wir uns in unserer Partnerschaft gehen lassen, weil sie unsere Wünsche nicht erfüllt. Und stellen wir uns weiter vor, wir versagen unserem Partner die Achtung, die jeder Mensch als Mitmensch prinzipiell verdient. Wenn wir dieses Verhalten eine Weile praktizieren, dann wird es ein Bestandteil unseres normalen Verhaltens. Wir lernen dieses Verhalten nicht nur bewusst, sondern auch auf einer unterbewussten Ebene. Die unterbewusste Ebene können wir später mit unserem Willen nicht mehr frei regulieren.

Wenn wir dann eine neue Beziehung beginnen, ist unser schlechtes Verhalten ein Bestandteil der neuen Beziehung mit unserem – hoffentlich – idealen Partner. Wenn wir – wie es geschehen kann und auch geschieht – uns in der neuen Partnerschaft so wenig respekt- und liebevoll verhalten, wie in der verflossenen, dann belasten wir auch unseren neuen idealen Partner! Und damit stellt sich die Frage, ob eine so belastete Beziehung eine gute Prognose haben kann?

Wir können unsere Beziehung retten

Unabhängig davon, wie schlecht unsere aktuelle Beziehungserfahrung ist, können wir in der aktuellen Beziehung Respekt und Liebe, wie sie ein normaler Mitmensch verdient hat, üben und praktizieren. Wir müssen nicht sofort ein Meister sein, dazu gehört einfach Übung, die Überwindung vieler Niederlagen und niemals aufgeben. Aber wir können dieses Ideal in kleinen Schritten entwickeln. Eine wirkliche Ausrede für dieses Vorgehen gibt es nicht. Alle unsere Beziehungen benötigen unseren mitmenschlichen Respekt und unsere mitmenschliche Liebe so dringend, wie unser Körper Wasser benötigt, um den Durst zu löschen.

Das Üben von Mitmenschlichkeit tut unserer aktuellen Beziehung gut, auch wenn wir uns trennen, und es ist ein gutes Training für unsere nächste Beziehung, wenn eine Änderung ansteht. Wir können durch dieses Verhalten unsere bestehende Beziehung retten, indem wir selbst zum idealen Partner werden. Man erspart sich mit dieser Vorgehensweise eine Menge unnützer Vergleiche, die einen selbst am Meisten belasten. Und man hat ein größeres Verhaltensrepertoire, als unser kindliches Selbst es hat, wenn es gerade keinen Schnuller mehr hat.

Geben ist nämlich erwachsener und seliger, denn Nehmen…